Ein Besuch in drei Akten

Nordthüringen soll Modellregion werden

Mittwoch
06.09.2017, 18:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Was war man aufgebracht als jüngst versucht wurde den versammelten Stadtvertretern das neue Thüringer Tourismuskonzept darzulegen. Der Norden aufgegeben nud vergessen. Mal wieder. Heute hatte sich mit Wolfgang Tiefensee der zuständige Minister selbst angekündigt, um die Wogen zu glätten und machte dem Norden gleich meherer Versprechungen...

Nordthüringen soll Modellregion in Sachen Tourismus werden (Foto: Angelo Glashagel) Nordthüringen soll Modellregion in Sachen Tourismus werden (Foto: Angelo Glashagel)

Erster Akt: Die Lobpreisung

Der Nordthüringer Unternehmerverband hatte den Herrn Minister eingeladen das Konzept seines Hauses zu verteidigen. Mit dem Tauchsportzentrum hatte man einen symbolträchtigen Ort gewählt: der Sundhäuser See zieht als Taucherparadies Gäste aus dem ganzen Bundesgebiet an, 13.000 waren es allein im vergangenen Jahr.

Ein Aushängeschild für den Nordthüringer Tourismus, wie so vieles, da ist man sich in Nordhausen und Umgebung allgemeinhin einig. Allein, im neuen Tourismuskonzept aus Erfurt fand man sich nicht wieder, der Eklat war vorprogrammiert.

Er kenne "das Grummeln" in der Region, erklärte Tiefensee am Nachmittag, die Arbeit des Nordens in Sachen Tourismus aber habe man "mit Wohlwollen und Respekt" durchaus registriert, die Ergebnisse könnten sich sehen lassen. Gemeint war nicht so sehr der allgemeine Zustand der touristischen Erschließung als vielmehr der vom NUV favorisierte Entwurf einer zukünftigen Tourismusstrategie, "S-Ky" genannt. Die Missverständnisse der Vergangenheit sollten gerade gerückt werden, er wolle für Verständnis werben. Der Auftritt seines Ministeriumsvertreters vor wenigen Wochen? Nur ein Fall missglückter Kommunikation.

Zweiter Akt: Die Verteidigung

Anders als man es in Nordhausen wahrgenommen habe gehe es in dem neuen Konzept des Landes nicht darum, mit dem Rennsteig, der Wartburg, Weimar und Erfurt allein die vier "Perlen" des Freistaates zukünftig zu bewerben. Vielmehr sollten parallel alle touristisch attraktiven Bereiche entwickelt werden, die vier bekanntesten Elemente dabei jedoch als "Hingucker" in den Vordergrund der Aufmerksamkeit des Kunden gestellt werden. Anders ausgedrückt: was man sich in Erfurt vorstellt, ist eine Art Tourismus nach dem IKEA-Prinzip. Man kommt um ein Regal zu kaufen und verlässt den Laden mit allerlei Kleinigkeiten, die man während des Aufenthalts noch entdeckt hat.

Da Deutschland viele attraktive Regionen hat und Thüringen ein Alleinstellungsmerkmal wie die Alpen oder die Ostsee fehle, müsse man daran arbeiten die Aufmerksamkeit des Kunden überhaupt erst einmal zu wecken. Neben den "Zugpferden" müssten auch die anderen Bereiche in gleicher Qualität entwickelt werden. "Niemand ist vergessen worden", sagte der Minister, das Konzept sei "nicht vom Himmel gefallen" sondern "Top-down, bottom up" anderthalb Jahre gründlich erarbeitet worden. Die neuerliche Debatte "lähmt die Kräfte", meinte Tiefensee.

Der Weg zum Erfolg soll vor allem online beschritten werden, eine zentrale Anlaufstelle für Reiseanbieter und Buchungsdienste wolle man schaffen, erklärte Tiefensee. Die Probleme Thüringens seien zu niedrige Umsätze und damit einhergehend zu schlechte Qualität der Angebote. Zunächst müsse man also dafür sorgen, das die Umsätze stiegen, damit "auch etwas hängen bleibt".

Dritter Akt: Die Aussprache

Hier setzt letztlich die eigentliche Kritik des NUV an. Die Unternehmer im touristischen Gewerbe hätten nicht die Kapazitäten, um sich groß um Investitionen, geschweige denn um Fördermittelanträge zu kümmern, eine "fast nicht zu überwindende Hürde", sagte Baron von Kempsky, der das "S-Ky" Konzept für den Thüringer Norden erarbeitet hat.

Den Unternehmern solle unter die Arme gegriffen werden, einen entsprechenden Projektmanager hat man dem Norden versprochen, eine Ausschreibung für die Stelle scheint es bisher aber nicht zu geben. Der NUV drückte hier aufs Tempo, die Stelle müsse geschaffen und in Nordhausen angesiedelt werden, so die Forderung des Verbandes. "Das wird so kommen, zu 100%", sagte Tiefensee, das war das erste Versprechen des Tages.

Desweiteren sähe man es im NUV gerne, wenn die beiden Kreise Nordhausen und Kyffhäuser im Rahmen des Tourismuskonzeptes einen Sonderstatus erhielten, eine Art "eigene Zone", wie sich Herr von Kempsky ausdrückte.

Auch hier machte der Minister erstaunlich schnell Zugeständnisse und brachte die Möglichkeit ins Spiel, Nordhausen zu einer Modellregion innerhalb des Tourismuskonzeptes zu machen. Die weitere Implementierung des Konzeptes könnten in der Region in drei Punkten so genauer untersucht werden:
  • wie funktioniert die länderübergreifende Zusammenarbeit mit Hinblick auf die Thüringer Leitlinien
  • wie kann ein regionales Modell auf der Landesstrategie "aufsetzen"
  • wie gestaltet sich die Arbeit des Projektmanagers
Welche Vorteile sich daraus tatsächlich ergeben oder ob der "Sonderstatus" nur ein Placebo für die aufgebrachte Südthüringer Seele bleibt, muss sich erst zeigen.

Den Unternehmen soll auch ein Projektmanager unter die Arme greifen um Investitionen stemmen zu können (Foto: Angelo Glashagel) Den Unternehmen soll auch ein Projektmanager unter die Arme greifen um Investitionen stemmen zu können (Foto: Angelo Glashagel)

Der Epilog

Wo man schon einmal dabei war, bot sich ein Besuch bei "Seelano" an. Die Unternehmer Axel Heck und Silvio Wagner bauen derzeit 80 Häuser am Sundhäuser See. 20 sind bereits verkauft, der Rest harrt noch der Dinge die da kommen werden. Welche das sind steht allerdings in den Sternen, das Duo würde es gerne sehen wenn man einen Teil der Häuser auch anderweitig an den Mann bringen könnte, nicht nur als Ferienhäuser, wie es der Bebauungsplan eigentlich vorsieht.

Mit den Ferienhäusern käme man zur richtigen Zeit versicherte Tiefensee. Zu viel mehr als symbolischen Lob und ein paar Fotos ließ er sich aber nicht hinreißen, zwei Zugeständnisse an einem Tag dürften reichen, zumal die Zuständigkeit ohnehin beim Nordhäuser Stadtrat liegt.

Baustellen gibt es sicher noch einige mehr, der Unternehmerverband zeigte sich aber erst einmal zufrieden mit den Aussagen des Ministers. "Kommen sie öfter nach Nordhausen, es wird ein ums andere mal besser werden", sagte Niels Neu, Vorstansvorsitzende des NUV.
Angelo Glashagel