Minister Adams wird gegen seinen Willen entlassen

Personalrochade bei den Thüringer Grünen

Montag
09.01.2023, 16:15 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Nachdem für die breite Öffentlichkeit überraschend die grüne Umweltministerin Siegesmund ihren Posten zum Ende des Monats gekündigt hat, nutzen die Thüringer Grünen die Gelegenheit, auch den bisherigen Minister für Justiz und Migration, Dirk Adams, auszutauschen. Gegen dessen Willen, aber mit Unterstützung des Ministerpräsidenten …

Für den glücklosen Adams, der laut MDR „vielen bei den Grünen, aber auch innerhalb der rot-rot-grünen Regierungskoalition als zu blass und zu zögerlich sowie als ein Minister, der in der Migrationspolitik zu wenige Akzente setze“ galt, soll nun Doreen Denstädt das Justiz- und Migrationsministerium führen. Die gebürtige Saalfeldern ist Polizeihauptkommissarin und ausgebildete Verwaltungswirtin. Sie wird die erste farbige Ministerin Ostdeutschlands werden.

Bernhard Stengele, bisheriger Sprecher des Landesverbandse, soll neuer Umwelt- und Energieminister werden. Der gelernte Schauspieler war von 2012 bis 2017 Schauspieldirektor am Theater in Altenburg. Seit 2020 ist der aus dem Allgäu stammende Politiker auch Sprecher des Landesverbandes seiner Partei in Thüringen.

Die Fraktionsmitglieder im Thüringer Landtag werden ihre Mandate beibehalten, Dirk Adams aber wird die Landespolitik unfreiwillig verlassen, denn er hatte kein Mandat. Seine Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge, Miriam Kruppa, beteuerte heute, dass sie ihre Arbeit fortsetzen wolle. „Die Unterbringung und Versorgung der vielen Geflüchteten gehört aktuell zu den größten Herausforderungen der Thüringer Politik“, stellte sie ein einem Pressestatement klar. „Hier gibt es immens viel zu tun. Deshalb ist es mir wichtig, meine Arbeit in diesen Zeiten kontinuierlich und mit ungebremsten Engagement als Beauftragte fortzuführen.“

Beim Koalitionspartner SPD erklärte der Fraktionsvorsitzende Matthias Hey angesichts der Personalveränderungen: „Dem scheidenden Migrations- und Justizminister Dirk Adams danken wir für seine Arbeit.“ Als persönliche Anmerkung fügte Hey an: „In unserer gemeinsamen Zeit als Vorsitzende unserer Fraktionen habe ich mit Dirk Adams rund sechs Jahre lang stets einen engagierten Partner gehabt, auf den auch in schwierigen Zeiten stets Verlass war. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus der Thüringer Landespolitik.“

FDP-Landeschef Thomas L. Kemmerich sieht das naturgemäß anders. Er sagte: „Bauernopfer gehören bei einer solchen Seifenoper offenbar dazu. Tatsächlich ist die Bilanz der bisherigen Minister alles andere als glänzend. Sie sondern zwar gern schneidige Statements ab, konnten aber im Amt oft nicht mal das Selbstverständliche liefern. Die Unterbringung von Geflüchteten gleicht seit Jahren einem Desaster. An dieser Chefaufgabe ist der Migrationsminister gescheitert.“

Matthias Hey wünscht den Neuen unterdessen viel Erfolg. „Namens meiner Fraktion wünschen wir Doreen Denstädt und Bernhard Stengele viel Erfolg für die bevorstehende Zeit und bei den vielfältigen Herausforderungen in den jeweiligen Fachressorts.“ Gleichzeitig sichert er den Koalitionsfrieden zu: „Meine Fraktion wird weiterhin jederzeit ein kooperativer Ansprechpartner für die beiden Ministerien und ihre neuen Spitzen sein und freut sich auf ein konstruktives Zusammenarbeiten.“

Weniger freudig fällt das Urteil der oppositionellen FDP zur Neubesetzung der Ämter aus. Kemmerich kommentierte den Wechsel der Minister so: „Die Grünen stehen sich wieder mal selbst im Weg. Der Nominierung zweier neuer Minister für die Thüringer Minderheitsregierung ging ein wochenlanges Fingerhakeln um die innerparteiliche Machtbalance voraus. Nun soll ein Schauspieler zum Umweltminister werden, während das Justizministerium wiederum nicht von einem Volljuristen geführt wird. Währenddessen bleibt die Umweltministerin ein schlüssiges Konzept schuldig, wie wir immer dann eine stabile Grundlastversorgung sicherstellen können, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Daran werden sich nun auch die neuen Minister messen lassen müssen.“

Die CDU sieht in dem ganzen Vorgang vor allem ein Eingeständnis des miserablen Krisenmanagements der rot-rot-grünen Minderheitsregierung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Andreas Bühl, kommentierte: „Der Komplett-Austausch der grünen Ministerriege ist das Eingeständnis der schlechten rot-rot-grünen Krisenpolitik. Das Verfahren der Neubesetzung wirft mehr Fragen auf, als es Antworten liefert. Die Ramelow-Regierung ist personell und inhaltlich ausgelaugt, die Koalition bröckelt. Der Landesspitze der Grünen muss man im Unterschied zu Bodo Ramelow immerhin zu Gute halten, dass sie offenkundig erkannt hat, dass Minister Adams mit seiner Migrationspolitik und seinem chaotischen Krisenmanagement katastrophal gescheitert ist. Thüringen kann sich aber keinen weiteren Stillstand mehr leisten. Statt Regierungschaos, Postengeschacher und Machtkämpfe braucht unser Freistaat eine funktionierende Landesregierung und ein Krisenmanagement, das diesen Namen auch verdient.“

Noch etwas drastischer formuliert es der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, Torben Braga: „Die chaotischen Umstände des Ministerwechsels in der rot-rot-grünen Minderheitsregierung verdeutlichen, dass dieses Zweckbündnis zum Machterhalt der beteiligten Parteien längst am Ende ist: Eine Ministerin wirft für die eigenen Kollegen und Parteifreunde überraschend hin, ein anderer folgt der Rücktrittsaufforderung aus der eigenen Partei nicht. Als Nachfolger werden derweil gänzlich ungeeignete Personen ohne jeden Bezug zum jeweiligen Ressort nominiert. Falls es noch eines Beweises bedurfte, dass sich die etablierten Parteien den Staat zur Beute machen und bei der Wahl ihres Personals auf Eignung, Befähigung und Leistung verzichten – dieser wäre nun erbracht!“

Und Braga erneuert die Forderungen seiner Partei nach unverzüglichen Neuwahlen in Thüringen: „Es ist nun endlich Zeit, dass die Thüringer CDU die informelle Koalition mit Linken, SPD und Grünen auflöst. Sämtliche Parteien müssen ihr vor zwei Jahren gegebenes Versprechen einlösen und umgehend den Weg für Neuwahlen frei machen!"
Olaf Schulze