Neue Spielzeit vorgestellt

Jede Menge Klassiker in neuem Gewand

Freitag
26.04.2024, 17:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Am Nordhäuser Theater hat man sich mit den neuen Gegebenheiten in der Interimsspielstätte gut arrangiert und das scheint auch für das Publikum zu gelten. Nach einem erfolgreichen Auftakt wurde heute die zweite Spielzeit für das "Theater im Anbau" vorgestellt…

v.l.: Operndirektor Benjamin Prins, Ballettdirektor Ivan Alboresi, Intendant Daniel Klajner, der Leiter des Jungen Theaters Jörg Neugebauer und Chefdramaturgin Dr. Juliane Hirschmann (Foto: agl) v.l.: Operndirektor Benjamin Prins, Ballettdirektor Ivan Alboresi, Intendant Daniel Klajner, der Leiter des Jungen Theaters Jörg Neugebauer und Chefdramaturgin Dr. Juliane Hirschmann (Foto: agl)


In schweren Zeiten seien Theater und Loh-Orchester für die Region ein „Fels in der Brandung“, der Zeit für Entspannung und Kulturgenuss biete, lobte Sondershausens Bürgermeister Steffen Grimm heute die Kulturschaffenden der vereinten Häuser. Auch in der neuen Spielzeit erwarte die Gäste ein tolles und abwechslungsreiches Programm, so der Vorsitzende der Gesellschafter Eingangs.

Gespielt, gesungen, getanzt und musiziert wird auch weiterhin unter erschwerten Bedingungen - das eigentliche Theater in Nordhausen ist weiter Baustelle, der Bühnenalltag spielt sich im neuen Anbau ab. Das habe aber nicht nur Nachteile, die Nähe zueinander bringe sowohl für die Theatermacher wie auch das Publikum Besonderheiten mit sich, die sich so sonst nicht ergeben würden, sagte Ballettdirektor Ivan Alboresi während der Vorstellung des neuen Programms und warb darum, sich dieses besondere Erlebnis nicht entgehen zu lassen.

Von Scheu kann bisher allerdings keine Rede sein, im Gegenteil - die letzte Spielzeit war laut Intendant Daniel Klajner ein durchschlagender Erfolg, das Haus oft ausverkauft. Daran will man in der neuen Spielzeit anknüpfen und hat sich einiges vorgenommen.

Viele Premieren, viele Konzerte


Den Auftakt macht, wie immer, die Operngala am 31. August, die ganz im Zeichen der italienischen Musiktradition stehen wird. „Glanzlichter des Belcanto“ heißt das Motto, Intendant Klajner freut sich schon auf den Auftakt, darf er doch bei dieser Gelegenheit wieder einmal selber dirigieren.

Mit der „Oper aller Opern“ geht es im September weiter, am 20.09. wird Georges Bizet’s Carmen auf der Nordhäuser Bühne Premiere feiern. Operndirektor Benjamin Prins fiebert dem französischen Meisterwerk bereits entgegen und wer mit ihm schon vorab einen Blick hinter die Kulissen werfen will, der hat in der Reihe Oper Hautnah bereits am 10. September die Möglichkeit, einer öffentlichen Probe beizuwohnen.

Im November wird es frivol und frech mit dem Märchen im Grand Hotel, einer Lustspieloperette aus der Feder Paul Abrahams, die untermalt von Tango, Jazz und Walzer zwischen Hollywood und Côte d’Azur spielt.

Ein besonderes Projekt erwartet das Publikum in der Weihnachtszeit, mit dem Singspiel Der Stern von Bethlehem. Gezeigt wird dies nicht auf der neuen Bühne sondern in der Herzschlagkirche im Nordhäuser Altendorf. Und es sind auch nicht die Profis des Theaters, die hier spielen, sondern Laiendarsteller, die sich dann an Schauspiel und Gesang versuchen dürfen. Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht, die Bewerbungen für Haupt- und Nebenrollen starten demnächst.

Im neuen Jahr geht es ab dem 24. Januar einen weiteren Klassiker - Idomeneo von Wolfgang Amadeus Mozart steht dann auf dem Programm. Das Publikum erwarte eine „dynamische Fassung“ des Werks, das von Albert Einstein einst als „Explosion musikalischer Erfindungskraft“ beschrieben wurde, mit Thomas Kohl als Sprecher. Auch hier kann man am 13. Januar im Vorfeld die „Oper Hautnah“ erleben.

Für das neue Musical hat man sich ebenfalls einen klassischen Stoff vorgenommen, der aber schon so manche moderne Neuinterpretation erfahren hat. Wem der Titel Gefährliche Liebschaften nicht sofort etwas sagt, der kennt vielleicht den Film „Eiskalte Engel“. Auch in der Musicalfassung der Geschichte geht es um Liebe, Eifersucht, Intrige und Verrat, die Premiere soll am 28. März 2025 stattfinden.

Und noch ein Klassiker zum Abschluss: Jolanthe, die letzte Oper Tschaikowskiys, kommt ab dem 02. Mai 2025 auf die Bühne und knüpft an die erfolgreiche Aufführung der „Perlenfischer“ an.

Außerdem sind zwei aktuelle Stücke weiter im Programm: Ein Käfig voller Narren und Roméo et Juliette.

Die Schlossfestspiele


Der Sommer gehört der Sondershäuser Kulisse - auf dem Schlosshof darf man sich dieses Jahr auf eine feurige Inszenierung freuen - Zorro steht ab dem 20.06.2025 auf dem Programm, die abenteuerliche Geschichte wird mit treibender Musik aus der Feder der „Gypsy Kings“ begleitet. Zum Schlossfest gehört natürlich auch das Spiel auf der Wiese und hier greift man noch einmal auf Mozart zurück - die Familienoper Bastien und Bastienne wird aufgefrischt und in neuem Look präsentiert.

Jubiläum für das Ballett


Die Tänzerinnen und Tänzer des Theaters erwartet eine besondere Spielzeit - die Tanzkunst feiert ihr 70jähriges Bestehen als eigene Sparte auf der Nordhäuser Bühne. Zum Auftakt wird es am 28. September einen Gala-Abend geben, der nicht nur Ausschnitte alter Choreographien zeigt, sondern auch einige der altgedienten Ballettdirektoren und -direktorinnen wieder zusammenbringt.

Ganz nah dran an der Bühen - in der Interimsspielstätte wurde heute das Programm für die neue Spielzeit vorgestellt (Foto: agl) Ganz nah dran an der Bühen - in der Interimsspielstätte wurde heute das Programm für die neue Spielzeit vorgestellt (Foto: agl)


Im Oktober geht es mit einem Ballettdoppelabend weiter. Mit Le Sacre du Printemps wird die Strawinsky Reihe der Ballettkompanie ihren Abschluss finden, Ivan Alboresi verspricht ein außergewöhnliches Stück, das nicht nur seine Tänzer sondern auch das Orchester fordern werde. Der zweite Teil des Abend firmiert unter dem schlichten Titel Friedrich und widmet sich der Verbindung von Mensch und Natur in den Werken Caspar David Friedrichs. Für die Ausstattung hat man hier die international hoch angesehene Szenografin Yoko Seyama gewinnen können.

Im Februar folgt ein weiteres Gastspiel samt Doppel, aus Spanien begrüßt man dann Alba Carbonell Castillo mit Wenn es Zeit ist, ein Stück über die Verflechtungen von Beziehungen und unserer Umwelt. In Virginia Woolf werfen die Tänzer danach einen Blick auf Leben und Wirken der großen Literatin.

Den krönenden Abschluss der Spielzeit wird ein Ballettfest bieten - im Mai kommenden Jahres sind mehrere Kompanien aus ganz Deutschland in Nordhausen zu Gast und machen das Theater für eine Moment zum Mittelpunkt für klassischen und modernen Tanz.

Letzte Notiz zum Ballett - Abseits der neuen Produktionen darf man sich in diesem Jahr über die Rückkehr von Dornrösschen freuen, vier Vorstellungen sind über die Weihnachtszeit geplant.

Ernst und Klamauk


Wie sollte man den Wirren der Welt begegnen, wenn nicht mit einem Lachen? Die Gastspiele des Theaters Rudolstadt erfreuen sich größter Beliebtheit - aktuell sind die ersten beiden Loriot-Abende bereits ausverkauft - und bieten auch in der neuen Spielzeit eine Mischung aus ernster Auseinandersetzung, Humor und Klamauk.

Und wer könnte dafür besser dienen, als Bertolt Brecht? Lieder und Gedichte aus seiner Feder bilden in Hoppeldoppel Wopps Laus Anfang Oktober den Auftakt der Schauspiel-Reihe in Nordhausen. Sieben Clowns bieten dann unter Live-Musik Begleitung einen veritablen „Brecht-Circus“ und gute Unterhaltung mit Tiefgang. Im Februar kehren die Rudolstädter dann mit Jugendliebe zurück, einer Beziehungskomödie von Ivan Calbérac, bei der ein erfolgreicher Lebemann von seiner Vergangenheit eingeholt wird.

Klassisch, komödiantisch und von ungebrochener Brisanz ist auch Dürrenmatts Die Physiker. Das Stück entstand auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges in den 1960er Jahren, ist aktueller denn je und wird im April 2025 in Nordhausen zu sehen sein.

Bei den Wiederaufnahmen bleibt man sich treu: Brenner und Brenner, ein Stück über die Anfänge der Kornbrennerei in Nordhausen, geht dank ungebrochener Beliebtheit in die dritte Spielzeit.

Volles Konzertprogramm


Das Loh-Orchester wird in der neuen Saison viel zu tun haben, die Liste der großen und kleinen Konzerte ist lang und kann hier nur in Auszügen wiedergegeben werden.

Besonders zu erwähnen sind unter anderem die Sinfonie-Konzerte 1. und 2., im September und November, die den Schubert-Zyklus des Orchester beschließen werden. Zum 4. Sinfonie-Konzert freut man sich über die Rückkehr des langjährigen Musikdirektors Michael Helmrath als Gastdirigent.

Das 5. Sinfoniekonzert im April 2025 widmet sich dem Gedenken an die Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dora. Gespielt wird hier dann keiner der üblichen, großen Komponisten, sondern Werke aus der Feder Viktor Ullmanns, der Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke im Konzentrationslager Theresienstadt geschrieben hat.

Die drei großen Kulturplayer spielen zusammen
Für zwei der vier LOH-Konzerte tun sich die drei großen „kulturellen Player“ der Region zusammen. Zum ersten Konzert im Dezember wird man im Sondershäuser Achteck-Haus den Siegern des Carl Schroeder Wettbewerbs eine Bühne geben und das zweite Konzert im Februar 2025 bildet den Abschluss des Meisterkurses der Landesmusikakademie, der dieses Jahr ganz im Zeichen der Oboe steht.

Beliebt und gut besucht sind auch die Schlosskonzerte im Blauen Saal in Sondershausen und die Kammerkonzerte in Nordhausen, Heringen und Sondershausen. Bei Letzteren wird man sich im April kommenden Jahres ebenfalls dem Gedenken widmen. Zum Quartett für das Ende der Zeit von Olivier Messiaen spielen Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier zu Texten, die von der ehemaligen Chefdramaturgin, Anja Eisner vorgetragen werden.

Musikalisch ist das Ende damit aber noch lange nicht erreicht, in dem Reigen fehlen noch die Sonderkonzerte, die bei den einschlägigen Stadtfesten für volle Plätze sorgen. Highlights hier sind Lieder- und Musikabende zu Tina Turner, ABBA, Evergreens mit Stefanie Hertel und Familie, ein Faschingskonzert und noch einiges mehr, nicht zuletzt die Kissenkonzerte für die Kleinsten.

Klein aber Oho


Das junge Theater gastiert während der Umbauphase im Jugendclubhaus und bietet hier in der neuen Spielzeit diverse Stücke für verschiedene Altersgruppen. Der Junge mit dem längsten Schatten richtet sich etwa an Kinder ab 10 Jahren, hier geht es um Identität, Mobbing und den eigenen Platz im Leben. Die jüngeren dürften sich an Hase und Igel erfreuen, eine Schelmengeschichte des Rudolstädter Theaters, die man ab Anfang November über die Weihnachtszeit in Nordhausen spielen wird. Abenteuerlich und spannend wird es mit Johnny Hüber greift ein, eine Piratengeschichte für Kinder ab 7. Jahren.

Ernster wird es ab Februar 2025 mit Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute. Das mehrfach ausgezeichnete Stück von Jens Raschke spielt in dem von der SS angelegten Zoo im Konzentrationslager Buchenwald, der 1994 wieder entdeckt wurde. Hinschauen, wegschauen oder handeln - die Parabel verhandelt am Beispiel des realen Ortes Unrecht, Zivilcourage und die Verbrechen des Nationalsozialismus.

Das war noch nicht alles
Im Heft zur neuen Spielzeit finden sich noch eine ganze Reihe weiterer Veranstaltungen und Begleitprogramme, vom Schlossball bis zum „Kochen mit Klajner“. Die Hefte sind ab sofort erhältlich und natürlich ist das Programm auch im Netz einsehbar.

Und noch eine gute Nachricht für Theaterfreunde zum Schluss: an den Eintrittspreisen wird sich bis zur Neueröffnung des Nordhäuser Musentempels nichts ändern.
Angelo Glashagel