Transatlantische Themen mit Julia Hozakowska bilingual diskutiert

Herder-Gymnasiasten mit amerikanischer Konsulin

Mittwoch
21.09.2022, 08:16 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Der Respekt vor dem Gespräch war im Vorfeld anzumerken. Fordert doch ein Streitgespräch, das einen Beitrag zu einer vorbildlichen, demokratischen Streitkultur leisten möchte, sehr viel von den Beteiligten, sowohl bzgl. einer intensiven thematischen Vorbereitung als auch mit Blick auf das aktive Zuhören bzw. situative Regieren sowie sprachlich überzeugende Darlegen...

Herder-Gymnasiasten debattierten in Leipzig mit einer Konsulin (Foto: H.Roeder) Herder-Gymnasiasten debattierten in Leipzig mit einer Konsulin (Foto: H.Roeder)

Kein Problem, aber dies an einem fremden Ort, mit unbekannten Streitpartnern, unter Beteiligung der amerikanischen Konsulin — das ließ die Aufregung doch etwas stärker erscheinen.

Seit Jahren nimmt das Debattieren am Gymnasium in der Wiedigsburg einen hohen Stellenwert ein. Jährlich findet der Debattierwettbewerb an der Schule statt und jährlich werden Vertreter der Schülerschaft zum Regionalwettbewerb delegiert. Auch die erfolgreiche Teilnahme am Bundeswettbewerb war bereits zu verzeichnen.

Dem persönlichen Interesse Jürgen Wünsches, seines Zeichens Kursleiter im Fach Deutsch und stellvertretender Seminarleiter der Lehrerausbildung am Haus, ist es zu verdanken, dass für eine Schülergruppen der Jahrgangsstufe 11 diese Form des Streitgespräches auf eine höhere Stufe gestellt wurde. Sie erhielten (wie auch eine Gruppe aus dem Leibniz-Gymnasium Leinefelde) die Möglichkeit, einerseits einen Workshop zu besuchen und die Theorie des Debattierens zu vertiefen, andererseits dieses praxisorientiert und dominant in der englischen Sprache anzuwenden. Über viele Jahre den Kontakt zu verschiedenen ehemaligen Schülern pflegend, kam Wünsche mit Martin Pascal Schäfer, der als Schüler des Herder-Gymnasiums 2005 unter seiner Stammkursleitung sein Abitur ablegte, ins Gespräch. Als Mitglied des Debattierclubs der Universität sowie der renommierten Leipziger Debattier- und Disputations-Gesellschaft e.V. bot er an, den jungen Leuten die Bedeutung transatlantischer Dispute näherzubringen. Daraus entstand ein zweiteiliges Projekt.

In einem Tagesworkshop, der in der Aula des Gymnasiums stattfand, hob Schäfer, der auch Geschäftsführer des Leipziger Wissenschaftsbundes ist, gemeinsam mit seinen Vereinskollegen Nils Seidel und Andreas Kaspar die Bedeutung des Verhandelns und Debattierens auf internationaler Ebene auch für die Zukunft des Einzelnen hervor. Neben zwei Bildungsblöcken zur Schulung der Auftretenskompetenz und körperlichen Präsenz stand die themenorientierte Praxis im Mittelpunkt. In Kleingruppen besprachen sich die Schülerinnen und Schüler unter anderem über die globale Stärkung der Menschenrechte, die Einschränkung populärer Medien sowie globalen Klimaschutz.

Gemeinsam mit den Leibniz-Gymnasiasten erhielten die Teilnehmer eine Einladung nach Leipzig, der geschichtlich belegten Basis der Disputation an historischem Ort, der ehemaligen Pleißenburg. Hier hatte Luther die Möglichkeit, seinen Standpunkt bzgl. der Thesen aufzuzeigen. In einer Führung erkundeten sie das auf den Grundmauern der alten Burg errichtete Neue Rathaus mit dem Turm und den Kasematten sowie den Sitzungssaal. Folgend besichtigten sie gemeinsam mit dem Vorsitzenden des 6. Revisionssenates, Professor Ingo Kraft, das Bundesverwaltungsgericht. Hier erfuhren sie nicht nur Wissenswertes über die Geschichte des Gebäudes, sondern erlernten die Grundsätze der Gerichtsbarkeit und erfuhren Wesentliches über die Relevanz der Kontrolle durch unabhängige Gerichte.

Alle Teilnehmer der Debatte (Foto: H.Roeder) Alle Teilnehmer der Debatte (Foto: H.Roeder)

Den Höhepunkt des Tages sowie des Projektes stellte eine Debatte in der Bibliotheca Albertina zum diskussionsintensiven Thema, ob transatlantische Staaten mit Ländern, die die Menschenrechte nicht vertreten, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Beziehungen pflegen sollten, dar. Im offenen Gespräch diskutierten die Schülerinnen und Schüler heftig über alternative Erdgaslieferanten anstelle Russlands, den Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine und das amerikanische Waffenrecht. Julia Hozakowska dankte den Teilnehmern für das Interesse an strittigen globalen Problemstellungen und äußerte sich mit Blick auf das Interesse und eine aktive Rolle der jungen Leute am internationalen Geschehen zuversichtlich bzgl. der Zukunftsgestaltung.

Ein großer Dank geht an den Debattierclub der Leipziger Universität mit ihrem Streitpunkt-Programm, das Schulen in Mitteldeutschland unterstützt, ihre Fähigkeiten im Debattieren zu erweitern. Ein Dank gilt auch den drei Mitgliedern, die die Schülergruppen an beiden Tagen intensiv und professionell begleiteten und ihnen die Möglichkeit gaben, Erfahrungen und Eindrücke unterschiedlicher Art zu sammeln.
Heuke Roeder