AfD lobt den Landrat für maßvolles Agieren

Heiße Debatte über engagierte Kinder und Jugendliche

Dienstag
23.11.2021, 19:05 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Zur vorletzten Sitzung des Jahres traf sich heute der Nordhäuser Kreistag in der Wiedigsburghalle. Der Landrat informierte über die Liquidität, einige Wirtschaftspläne waren zu beschließen und ein Medizinisches Versorgungszentrum sollte gegründet werden …

Sitz des Nordhäuser Landrates in der grimmelallee (Foto: nnz-Archiv) Sitz des Nordhäuser Landrates in der grimmelallee (Foto: nnz-Archiv)

Von den 46 Kreistagsmitgliedern waren 33 Stimmberechtigte gekommen, um eine weitere Versammlung unter „Pandemiebedingungen“ abzuhalten. Der Landrat verwies nach der Begrüßung auf den„Bericht des Landrates zu Informationen über den Stand der Liquidität und den Haushaltsvollzug“, den wir Ihnen am Ende des Beitrags als. pdf-Datei zur Verfügung stellen.

Dann ging es wieder einmal um Corona. Es gibt derzeit mehr bestätigte Fälle, sagte der Landrat, aber weniger Krankenhausaufenthalte. Von den Hospitalisierten sind allerdings mehr schwer erkrankt als noch im Frühjahr. Das Land musste seiner Meinung nach auf die steigenden Inzidenzen reagieren, der Bund auch. Jendricke merkte an, dass der Landkreis schon immer härtere Verfügungen hatte, als der Freistaat. Er wiederholte sein Unverständnis, dass die Gesundheitsministerin Veranstaltungen für über 1 000 Menschen gestattete.

Die 2G-Vorgabe für Arbeitgeber ist wieder zurückgenommen, das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist nach Mitteilung seines Krisenstabes Corona von seiner fachaufsichtlichen Weisung abgewichen, durch die den Landkreisen aufgegeben worden war, in § 1 Abs. 5 der Allgemeinverfügungen für die Testung der Beschäftigten in Bereichen mit 2G-Zugangsbeschränkungen nur PCR-Tests oder Tests in einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren zuzulassen. Es reicht weiterhin ein Schnelltest.

„Man macht sich unglaubwürdig, wenn die Sachlichkeit nicht mehr gegeben ist“, kommentierte Jendricke den Zickzackkurs der rotrotgrünen Landesregierung. „Die Nerven liegen manchmal schon blank“. Der Katastrophenfall wird allerorten vorbereitet, ein Krisenstab tagte heute wieder dazu. Neue Testbereiche werden jetzt wieder dort aufgebaut, wo sie im Sommer zurückgefahren wurden. Der kreiseigene Testbus wird ab morgen in Bleicherode platziert. Sollstedt wird im Bad wieder eine Teststation bekommen und auch in der Wiedigsburg wird eine Station eingerichtet. Genaue Meldungen sollen noch folgen.

Im Testzentrum in der Zorgestraße wurden allein gestern 478 Tests durchgeführt, davon gab es 43 Positivfälle. Das bereitet dem Landrat Sorge. Mit Quarantäne alleine wird die Eindämmung nicht mehr funktionieren, meint er und prognostiziert: „Es wird eine schwierige Zeit bis Weihnachten“.

Der CDU-Altvordere und ehemalige Fraktionsvorsitzende Egon Primas wollte am Rednerpult wissen, ob der Arbeitgeber nun berechtigt sei, nach dem Impfstatus zu fragen und wie es im Landratsamt um den Impfstatus der Angestellten bestellt wäre. Er wolle Auskunft und verlange, dass Ungeimpfte ohne Entgelt nach Hause geschickt werden. „Keine Rücksicht mehr auf Ungeimpfte“ forderte Primas und erzählte den Abgeordneten von Beiträgen aus diversen Fernsehsendungen, die er gestern Abend gesehen hat.

Der Landrat verwies darauf, dass er aus rechtlicher Sicht als Arbeitgeber gar nicht fragen darf. Ab morgen früh darf gefragt werden, der Mitarbeiter muss jedoch nicht antworten. Er müsse sich bei Verweigerung einer Antwort dann aber ständig testen lassen. Jendricke bemängelt das Organisationsproblem, dass zu chaotischen Zuständen vor den Impfzentren führt. „Wenn das Ministerium mehr impfen lassen will, dann muss es die Bedingungen schaffen.“ Er versteht nicht, warum die Kassenärztliche Vereinigung das in Nordhauen nicht auf die Reihe bekommt und bezeichnete die Warteschlangen vor den Impfzentren als Infektionsgefahrenquelle. Rausschmeißen will er seine umgeimpften Mitarbeiter aber offensichtlich nicht, denn er ging auf diese Replik von Egon Primas nicht ein.

15 Gaststättenkontrollen wurden am Wochenende im Kreisgebiet durchgeführt. Gaststätten, die sich nicht an die Vorgaben hielten, will der Landrat künftig schließen lassen. Der Aufwand der Kontrollen sei aber für den Vollzugsdienst des Kreises kein Renditegeschäft, auch wenn die Strafen bei Verstößen jetzt wesentlich höher ausfielen als noch im Frühjahr.

Jörg Prophet, der ungeimpfte AfD-Fraktionschef, lobt den Landrat für das Augenmaß, dass er in der Corona-Zeit bewiesen und die Maßnahmen in verträglichen Rahmen gehalten habe. „Reale Problem wurden real angesprochen, das ist eine seltene Eigenschaft in der Politik heute, dafür zollen wir dem Landrat unseren Respekt.“ Für den „Professor Doktor der Medizin, Herrn Egon Primas“ hatte Prophet nur Spott übrig. „Wenn Medizin Politik macht, wird es schnell teuer, aber wenn Politik Medizin macht, werden die Grundrechte schnell eingeschränkt“.

Der 1.Beigeordnete Stefan Nüßle stellte die Satzung zur Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen im Kreistag Nordhausen vor. Anika Gruner von der SPD begrüßte, dass die Kinder eine Aufwandsentschädigung erhalten werden, wenn sie am Kreistag teilnehmen und möchte, dass auch die Fahrtkosten der Eltern übernommen werden bzw. die des ÖPNV für die Jugendlichen. Claus Peter Roßberg von der FDP fragte, ob denn nicht über die Zusammensetzung vorher geredet werden sollte. Das sehe er mit der Altersbegrenzung von 27 Jahren für ein Kinder- und Jugendparlament kritisch. Die LINKE in Person von Tim Rosenstock bedankt sich bei allen Mitwirkenden. Nach Sozialgesetzbuch 8 sei man bis 27 Jahre als jugendlich attestiert, belehrte der Parteiangestellte den ausgebildeten Rechtsanwalt Roßberg.

Nüßle sagt, es seien momentan sechs oder sieben Jugendliche, die mitwirken wollen. Dies ist das Ergebnis, nachdem jahrelang für diese parlamentarische Arbeit geworben wurde. Carola Böck aus der CDU stellte fest, dass die Fahrtkosten schon in der Vorlage verankert sind. Das von der SPD geforderte Schülerticket gilt aber nicht mehr für 27-Jährige, wurde nun eingeworfen. Die Älteren führen ja auch mit dem Auto, sagte Jendricke und Nüßle ergänzt, dass um die Zeit der Sitzungen auch keine Busse mehr in die Dörfer fahren. René Fullmann erklärt für die CDU eine Zustimmung auf Bewährung und will abwarten, wie sich das Projekt entwickelt. Jörg Prophet hält 27-Jährige nicht mehr für berechtigt an einem Kinder- und Jugendparlament mitzuwirken. Er respektiere die Entscheidung des Kreistages, werde aber mit seiner Fraktion nicht zustimmen.

Nach einer halben Stunde Diskussion über die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen, die aber heute nicht anwesend waren, wird über den Änderungsantrag der SPD abgestimmt. Mit 17 Ja-Stimmen bei 15 Neinstimmen wird der Antrag angenommen, dass es auch Fahrgeld gibt. Den Antrag insgesamt befürworteten dann 19 Kreistagsmitglieder, 13 waren dagegen.

Eine Änderung für Öffentlichen Dienstleistungsaufträge in Höhe von 270 000 Euro musste im Anschluss beschlossen werden. Und fand die volle Zustimmung der Abgeordnete. Wirtschaftspläne für die Verkehrsbetriebe, die Südharzwerke, das Theater, das BIC in Bielen, das Südharz Klinikum und das Medizinische Versorgungszentrum wurden auch mit überwältigender Mehrheit bewilligt.

Nächster Tagesordnungspunkt war die Gründung der MVZ Kyffhäuserkreis gGmbH (MVZ-K) durch die Südharz Klinikum Nordhausen gemeinnützige GmbH. Landrat Jendricke führt dazu aus, dass er sich solche Einrichtungen zur medizinischen Versorgung auch mit anderen Nachbarschafts-Landkreisen in Zukunft vorstellen könne und es eine übliche Verfahrensweise sei. Das Projekt erhielt die volle Zustimmung der Anwesenden, mit einer einzigen Enthaltung.

René Fullmann diskutierte anschließend an kurze Ausführungen des Landrats die Mietpreiserhöhung im Flüchtlings-Objekt Bruno-Kunze-Straße. Daraufhin zog Landrat Jendricke die Beschlussvorlage zurück und will sie im nächsten Kreistag wieder einbringen.

Als letzten Punkt des öffentlichen Teils sollten die Kreistagsmitglieder auf Antrag der AfD den Landrat beauftragen, eine Querungsmöglichkeit der Bundesstraße 4 im Bereich des Stadtparks zu schaffen. Weil, so das Kalkül, gerade im Bereich des Albert-Kuntz-Sportparks, ein sicherer Übergang wichtig wäre. Die CDU will das unterstützen, die FDP unterstützt die Idee, will aber eine weitere Lesung dazu. Dieser Antrag wurde abgelehnt und der ursprüngliche erhielt 18 Ja- und nur sechs Neinstimmen bei neun Enthaltungen.
Vielleicht sollte im Antrag beim nächsten Kreistag das Wort QUERUNG aber lieber mit "Übergang" umschrieben werden?
Olaf Schulze