Netzgezwitscher (3)

Wer hat eigentlich die Macht in diesem Land?

Montag
01.02.2021, 10:57 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
In Deutschland gibt es neben der Bundeswehr, sofern deren Einsatzbereitschaft gesichert ist, mehrere Polizeien, drei bekannte Geheimdienste und seit einigen Jahren eine neue Instanz, die für Recht und Ordnung sorgt...


Für diese neue Macht gibt es zwar keine verfassungsmäßige Legitimation und schon gar keine juristische Handhabe, aber sie funktioniert. Und das immer besser.

Wir nennen sie mal Haltungspolizei. Ihr Wirken beginnt meist im Virtuellen, dort fühlt sie sich Zuhause, sammelt in einem ersten Schritt offizielle und inoffizielle Mitarbeiter. Das so vereinte Kollektiv ist vornehmlich auf sogenannten Social Medial Kanälen unterwegs und durchforstet pausenlos all das, was bei Facebook, Instagram oder Twitter abgesondert wird, wer wem folgt oder befreundet ist, wer was teilt oder retweetet.

Aus dem Sammeln dieser Daten fügt sich letztlich ein Bild, eine Meinung bildet sich, die dann der Überprüfung durch die Haltungspolizei standhalten muss. Und wie das bei Sicherheitsorganen läuft, wird der Daumen entweder nach oben gestreckt oder nach unten. Wem die erste Kategorie gilt, der kann sich beruhigen, der wird umgehend in die Zivilgesellschaft aufgenommen oder dessen Mitgliedschaft wird verlängert. Wem der nach unten gerichtete Daumen gilt, der hat es nicht so gut, der ist nicht behütet. Der ist entweder ausgestoßen, geächtet oder er bekommt die Chance zur Wiedergutmachung. Zur Entschuldigung. Oder bleibt Extremist, meist in der rechten oder Nazi-Ecke.

Jüngstes Bespiel dafür liefert der WDR, also das Heimatprogramm der Menschen in Nordrhein Westfalen. In der Talkrunde "Die letzte Instanz" saßen vier Menschen, von denen ich lediglich Thomas Gottschalk kannte und diskutierten darüber, ob man in Deutschland nicht mehr Zigeunerschnitzel oder Mohrenkopf sagen soll oder nicht mehr sagen darf.

Die Gesinnungspolizei sorgt im Allgemeinen dafür, dass bereits beim Einladen der Gesprächsteilnehmer das Ziel, der Verlauf und/oder das Ergebnis der Diskussion feststeht. So, wie wir es bei den Damen Illner, Maischberger oder Will kennen.

Doch bei der jüngsten letzten Instanz war das anders. Da votierten alle Diskutanten für eine tolerante Haltung gegenüber Verboten. "Wir sind damit aufgewachsen" oder "Von meinen ausländischen Freunden und Bekannten stört sich niemand an solchen Begriffen. "Keiner fühlt sich diskriminiert" oder "habt ihr in Deutschland keine dringenderen Probleme?"

Dieses Ergebnis konnte so nicht toleriert werden. Die Haltungspolizei wurde aktiviert und begann auf Twitter mit ihrer Arbeit. Mit im Boot natürlich die politische Verstärkung von Frau Esken und anderen wichtigen links-grünen Abgeordneten in Landtagen und im Bundestag.

Und siehe da - es wirkte. Als erstes entschuldigte sich der WDR in Form eines Vorspannes beim Abruf der Talkrunde in der Mediathek und heute kommt von einer Mitdiskutantin dann deren Entschuldigung im sozialen Raum.

Vermutlich wurde der Frau Kunze mit Auftrittsverboten gedroht, vermutlich wird die Schauspielerin niemals mehr im TV erscheinen. Die Haltungspolizei wird aber weiter ermitteln, damit die Zivilgesellschaft sauber, meinungskonform und intolerant gegenüber jenen ist, die sich wagen, gegen die selbst geschriebenen Gesetze zu verstoßen.

Für alle, die nicht wahrhaben wollen, dass es sich hier um keinen Einzelfall handelt, dem sei die Seite von achgut.com empfohlen. Dort wird seit Wochen zusammengetragen, was man nicht für möglich hält. Einfach mal in der Suchfunktion "Ausgestoßene" eingeben und sich wundern.

Das, was da momentan auf Twitter zu beobachten ist, das ist höchstwahrscheinlich nur der Vorgeschmack auf das, was uns ab September 2021 eventuell in diesem Land erwarten könnte. Bislang nutzen 1,4 Millionen Menschen in diesem Land den Kurznachrichtendienst, das sind 1,7 Prozent. In der Altersgruppe zwischen 14 und 29 sind es acht, zwischen 30 und 49 sind es sieben Prozent. Da ist noch viel Luft nach oben, auch für neue inoffizielle Mitarbeiter der neuen Haltungspolizei.
Peter-Stefan Greiner

PS: Ich weiß echt nicht, wann ich das letzte Zigeunerschnitzel irgendwo bestellt habe, aber ich werde dieses Wort nicht aus meinem Wortschatz streichen, nur weil eine Minderheit das so will und heute Abend beiße ich garantiert in einen mit weißem köstlichen Schaum gefüllten Mohrenkopf.