Eine Betrachtung zum Kleofas-Rücktritt

Jähes Ende nach langer Ankündigung

Dienstag
26.05.2020, 15:06 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Aus und vorbei - Präsident Kleofas ist zurückgetreten (Foto: Bernd Peter(Archiv)) Aus und vorbei - Präsident Kleofas ist zurückgetreten (Foto: Bernd Peter(Archiv))
Am Ende hat die lang erwartete Entscheidung des bedrängten Wacker-Präsidenten in einen einzigen Satz gepasst. Eine Begründung schickte Nico Kleofas seiner Kündigung nicht hinterher. Damit endet die Ära des 46-jährigen Unternehmers an der Spitze des Nordhäuser Fußballvereins nach fast zehn Jahren Amtszeit plötzlich, aber nicht unerwartet...


Von der Thüringenliga hatte Kleofas dank der tatkräftigen Mithilfe eines großen Gönners den FSV Wacker 90 an die Spitze der Regionalliga geführt, wo der Traditionsverein mehrfach vehement an die Tür zum Profifußball in der 3.Liga klopfte. Ohne allerdings den ganz großen Erfolg einer Liga-Meisterschaft zu erringen.

Nach den soliden und besonnenen Aufbaujahren unter Trainer Jörg Goslar und dem heute wieder in Verantwortung stehenden Andreas Seipel zu Beginn des letzten Jahrzehnts begannen die abenteuerlichen Eskapaden mit der Verpflichtung von Maurizio Gaudino als Sportdirektor. Der Altinternationale des VfB Stuttgart nutzte den Albert-Kuntz-Sportpark zur Schaulaufarena für weiter zu vermittelnde Profis.

Nach seinem Abgang bemühte sich der Berliner Volkan Uluç redlich, aus den vielen unterschiedlichen Charakteren seiner bunt zusammengestellten Truppe ein erfolgreiches Team zu formen. Aber das dauerte dem erfolgshungrigen Präsidenten schon zu lange. Er verlor die Geduld mit Uluçs Arbeit. Ein weiterer Prominenter sollte es richten. Heiko Scholz, Leipziger Kultfigur und Leverkusener Ex-Bundesligaprofi übernahm die Verantwortung und sicherte im vergangenen Jahr wenigstens den heiß begehrten Titel im Thüringen-Pokal, ehe er sich im Winter beizeiten wieder verabschiedete.

Neben dem sportlichen Aufstieg in die Regionalliga versäumte es der patriarchalische Präsident Kleofas in all den Jahren, gesunde Strukturen im Verein aufzubauen, die mit den sportlichen Erfolgen der Leistungsmannschaft einhergingen. Als er schließlich die Insolvenz der Spielbetriebs GmbH eingestehen musste und auch juristisch unter Druck geriet, wurde es schnell sehr still um den Präsidenten. Das Denkmal, das er sich selbst in der Parkallee errichten wollte, bröckelte in Höchstgeschwindigkeit dahin. Von seinen vielen "Freunden", die sich um ihn scharten, als es Ruhm und Anerkennung versprach ein Getreuer des Präsidenten zu sein, sind ihm nicht viele geblieben. Der Vorwurf, dem sich nun Präsidiale, Mitglieder und nicht zuletzt auch Fans des Vereins stellen müssen, ist der einer Kritiklosigkeit und blinden Vertrauens in alles, was Kleofas sagte und tat.

„Ein halbes Jahr zu spät“ käme der Rückzug, sagt nicht nur sein Ex-Mitstreiter Uwe Rollfinke, der mit seinem Rücktritt in der letzten Woche das Fass wohl zum überlaufen und Kleofas endlich zur Einsicht brachte, dass seine Zeit bei Wacker abgelaufen ist.

Jetzt gilt es für alle Wackerfreunde, den Blick nach vorn zu richten, mit dem Rumpfpräsidium schnell eine Wahlversammlung zu organisieren und für die Zukunft eine andere Vision als die vom Profiverein in der 3. Liga auszugeben. Wer dabei die Fäden ziehen kann bleibt abzuwarten. Wichtig wird sein, dass Wacker neben wirtschaftlichem know how auch wieder mehr sportliche Kompetenz und regionales Fingerspitzengefühl in der Leitung präsentieren kann. Vor allem dürfe es „keine so dominante Spitze“ mehr geben, sagt Uwe Rollfinke, der generell bereit ist, seinen Herzensverein weiter zu unterstützen. „Wenn jemand auf mich zukommt, werde ich mich nicht verweigern“, blickt der Unternehmer in die Zukunft. Die ersten, die das tun werden, dürften wohl die Mitglieder des neuen Fanbeirates sein.

Das Thema Neuaufbau bei Wacker drängt und es wird uns wohl noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Lesen Sie dazu noch heute Abend hier einen weiteren Artikel, der einen anderen Aspekt der Krisensituation untersucht.
Olaf Schulze