Zukunft oder Trend?

"Neue Arbeit", aber wie?

Sonnabend
25.03.2017, 14:40 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
"New work" - ein Modebegriff, der die Arbeitswelt des digitalen Zeitalters beschreiben soll. Allein was soll das eigentlich bedeuten? Handelt es sich nur um einen kurzlebigen Trend? Oder um unverzichtbare Weichenstellungen für die Zukunft?

Darüber wurde gestern durchaus kontrovers im Hotel am Stadtpark diskutiert. Die Nordhäuser Wirtschaftsjunioren hatten in Zusammenarbeit mit der Thüringer Kreativwirtschaft vier Diskussionsteilnehmer mit sehr unterschiedlichen Ansichten eingeladen, um über "new work" zu diskutieren.

Das "Geheimniss" was nun "new work" nun eigentlich bedeute, das werde man wohl nicht lüften können, meinte etwa Phillip Maternis. Der Personalmanager, der in einer Schokoladenfabrik arbeitet, sieht sich nicht als Experte, sondern jemand der einfach nur Erfahrung gesammelt hat. Permanente Optimierung sei immer Teil des unternehmerischen Denkens gewesen, "new work" also nur ein Modewort für einen alten Prozess.

Ganz anders sah das Johanna Gaßmann. Die junge Frau arbeitet bei einer Jenaer Software-Schmiede für mobile Anwendungen - 25 Leute, ein Chef, viele kleine Teams, alle sind gleichberechtigt. Alles neu, mit einem Hauch von Hippness. Man müsse den Menschen und seine Bedürfnisse in den Vordergrund stellen und den Mitarbeiter so zu Bestleistungen und Kreativität bewegen.

Christian Müller, selbsttändiger Untermehensberater in Sachen "new work", ging da nicht ganz mit, primär müsse ein Unternehmen überleben und Geld verdienen. Ganz ohne Chefs gehe das nicht. Das Arbeitsumfeld sollte aber immerhin so gestaltet werden, dass Menschen gerne an ihrem Platz arbeiten und sich mit ihren Ideen einbringen können. Die monotone Arbeit am Fließband werde die Automatisierung nicht überstehen, nur Unternehmen die das Potential ihrer Mitarbeiter voll ausschöpfen können, würden dann noch überleben.

Ähnlich sah es Stephanie Kespohl, ebenfalls selbstständige Unternehmensberaterin, die ihre Erfahrungen unter anderem in der Automobilbranche gemacht hat. Selbstverständlich müssten Aufträge erfüllt werden, die zentrale Frage sei aber das "wie". Produktivitätsgewinne und mehr Mitarbeitermotivation seien mit vergleichsweise einfachen Mitteln zu erlangen.

v.l.: Stephanie Kespohl von den Wirtschaftsjunioren diskutierte mit Johanna Gaßmann, Christian Müller und Phillip Maternis zum Konzept "new work" (Foto: Angelo Glashagel) v.l.: Stephanie Kespohl von den Wirtschaftsjunioren diskutierte mit Johanna Gaßmann, Christian Müller und Phillip Maternis zum Konzept "new work" (Foto: Angelo Glashagel)

Dem hielt Maternis entgegen, dass nicht jeder kreativ sein könne oder wolle und das auch nicht von jeder Geschäftsführung gerne gesehen werden. In der Lebensmittelherstellung habe man es zum Beispiel mit sehr traditionell ausgerichteten Betrieben zu tun, die zum Teil noch so produzieren, wie vor 100 Jahren.

Letztlich osszilierte die Diskussion zwischen verschiedenen Polen. Individuelle Freiheiten im Arbeitsprozess gegen klare Vorgaben und Prozesse, tradierte Arbeitsweise gegen hippe Experimente, Beständigkeit gegen Dynamik, Führung und Leitung von oben gegen Teamverantwortung. Eine klare Antwort konnte man am Ende nicht geben, auch im zahlreich erschienen Publikum gab es sehr unterschiedliche Ansichten. Wird die Automatisierung uns alle dazu zwingen sich neu zu erfinden? Neue Arbeit" zu finden? An einigen Stellen, vor allem in der Produktion, sind solche Zukunftsvisionen alles andere als abwegig. In sozialen Berufen, überhaupt im Kontakt mit anderen Menschen, sieht das wahrscheinlich ganz anders aus.

Impulse für den eigenen Betrieb gab die Diskussionsrunde allemal, die beim anschließenden Get-Together wohl noch vertieft werden konnten.
Angelo Glashagel