Gemeinschaftsunterkunft auf Zeit

Jendricke: “Wie im Hotel mit Vollpension”

Dienstag
23.04.2024, 15:19 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Na, das war doch mal wieder was: die nationale Medienwelt interessiert sich für die kleine Gemeinde Werther. Genauer beschrieben: für die Hoffnung. Für alle, die es jetzt noch nicht wissen, die „Hoffnung“ ist ein Hotel, das vor allem in den zurückliegenden fünf Jahren eine „interessante“ Historie hat…

Seit gestern: willkommen in Werther (Foto: nnz) Seit gestern: willkommen in Werther (Foto: nnz)
Im vergangenen Jahr: Syrer und Afghanen wollten Gemeinderat, Bürgerinnen und Bürger und schließlich auch die Eigentümer nicht in Werther haben. Damit war dieser "Drops" gelutscht. Allerdings der Flüchtlingsdruck lässt bekanntermaßen auch im beschaulichen Thüringen nicht nach. Vor allem der aus der Ukraine nicht, 7.000 Menschen waren es im vergangenen Jahr, die versorgt werden mussten.

Diesen Flüchtlingsdruck leitet die Landespolitik an die Kommunen weiter und deshalb auch die druckvollen Überlegungen aus Weimar und Erfurt in Richtung der Flüchtlinge aus der Ukraine. Die ersten 29 sind mittlerweile in die „Hoffnung“ eingezogen.

Unter dem Strich sei das, was die Menschen aus der Ukraine erwartet, ähnlich eines Hotel-Betriebes, leitete Landrat Matthias Jendricke heute Mittag ein und übergab dann das Wort an Frank Roßner. Das ist der Präsident des Thüringer Landesverwaltungsamtes in Weimar und damit nun auch “Mieter” des ehemaligen Hotels. Der Landkreis Nordhausen sowie dessen eigene Service-Gesellschaft ist mit dem Betreiben beauftragt. Was die monatliche Betreibung der Hoffnung dem Steuerzahler kostet, müsse noch genau ermittelt werden, aber eine Summe so um die 70.000 Euro sei nicht verkehrt gefragt, waren sich Roßner und Jendricke einig.

Nach Hermsdorf und Eisenberg werden die Ukrainer nun in Werther aufgenommen und sollen schnellstmöglich auf die Kommunen verteilt werden. Eine Aufenthaltsdauer von rund drei oder vier Tagen kündigte Frank Roßner denn auch heute an, dann gehe es in Wohnungen in den Gemeinden und Städten. Nur: Landrat Jendricke sagte, dass der im Landkreis Nordhausen zur Verfügung stehende Wohnraum so gut wie nicht mehr verfügbar ist. Auch Wohnraum ist endlich, noch einmal 400 wie im vergangenen Jahr schaffe man nicht.

Ein mobiler zusätzlicher Rettungsweg wurde angebaut (Foto: nnz) Ein mobiler zusätzlicher Rettungsweg wurde angebaut (Foto: nnz)
Werthers Bürgermeister Manfred Handke erinnerte in dem heutigen Pressegespräch an die Situation des vergangenen Jahres, als die Unterbringung von Syrer oder Afghanen am Widerstand der Bevölkerung scheiterte. Aus diesem Dilemma hatte das Land gelernt, auf Ukrainer umgeswitcht und rechtzeitig mit den Bürgerinnen und Bürgern gesprochen.

Bis zu 200 Menschen könne man in der Hoffnung versorgen. Vollpension versteht sich, denn die einstige Hotelküche gibt es nicht mehr. Die Service Gesellschaft hat die Betreibung der Hoffnung für ein Jahr übernommen. Die Beschäftigten der kreiseigenen Gesellschaft haben Erfahrung, schließlich betreibe man bereits acht Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis Nordhausen. 15 Tage habe man deshalb auch nur in Werther gebraucht, um das einstige Hotel fit für Flüchtlinge zu machen.

2.200 Ukrainer seien mittlerweile im Landkreis Nordhausen angekommen und wurden hier untergebracht. Mehr als 42.000 sind es im Freistaat. Matthias Jendricke ist über die Grenzen des kleinen Landkreises für seine stringente Handhabung der vorhandenen Gesetzlichkeiten bekannt. So zum Beispiel kritisierte er auch heute wieder, dass die Neigung der Ukrainer zur Integration in den deutschen Arbeitsmarkt nicht sehr ausgeprägt sei und dass er es nicht dulde, wenn Menschen, die aus einem Land geflüchtet seien, regelmäßig dorthin zurückkehren würden, um nach “dem Rechten” in ihrer Heimat zu sehen.

Dennoch glaubt auch Jendricke fest daran, dass sich mit den geflüchteten Menschen aus dem Osten Europas eine Chance zum Beispiel für den unter demografischen Problemen und ideologischer Regierungspolitik leidenden Arbeitsmarkt auftut. Die Praxis hingegen belehrt ihn bislang eines Besseren: frei nach dem Spruch: wer’s glaubt, wird selig. Oder Politiker...
Peter-Stefan Greiner