Widerrufsjoker für Konsum- und Verbraucherkredite möglich

Raus aus überteuerten Verträgen

Sonnabend
06.05.2017, 09:55 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Gute Nachrichten für Verbraucher: Nicht nur Immobilien-darlehen, Autokredite oder Leasingverträge können noch nach Ablauf der Frist widerrufen werden. Das ewige Widerrufsrecht gilt für sämtliche Konsum- und Verbraucherkredite. Grund sind auch hier fehlerhafte Widerrufsbelehrungen...



„Verbraucherinformationen auf Fehler prüfen, widerrufen und bares Geld sparen“ – Markus Mingers, Inhaber der Kanzlei Mingers & Kreuzer, erklärt, wie Verbraucher aus überteuerten Verträgen kommen. „Der Gesetzgeber sieht für Verbraucher und entsprechende Kreditverträge gemäß §§ 495, 355 BGB ein zweiwöchiges Widerrufsrecht vor, sofern Darlehen nicht aus selbstständiger Tätigkeit oder gewerblich aufgenom-men wurden. Private Darlehen können also 14 Tage nach Vertragsabschluss widerrufen werden“, erläutert Mingers die Rechtslage.

Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel. In einigen Fällen kann von diesem Widerrufsrecht kein Gebrauch gemacht werden, da die Kredite per se nicht als Verbraucherdarlehen nach § 491 Abs.2 BGB gelten. Darunter fallen unter anderem:
  • Kurzfristige Kredite mit einer Rückzahlung von maximal drei Monaten und geringen Kosten
  • Kleinkredite unter einem Nettodarlehensbetrag von 200 Euro
  • Förderdarlehen zur Berufsausbildung oder zum Wohnungsbau
  • Arbeitgeberdarlehen, die als Nebenleistung zum Arbeitsvertrag mit niedrigeren Jahreszinsen als marktüblich abgeschlossen wurden
  • Kredite gegen Pfand
Widerruf aufgrund mangelhafter Widerrufsbelehrungen

Wer einen Kredit mit der Bank oder anderen Finanzdienstleistern abschließt, tut dies nicht einfach so. Hinter der Aufnahme eines Darlehens stehen häufig ein langer Weg des Überlegens, zig Stunden an Vergleichs-arbeit und das Studium vom Kleingedruckten. Doch trotz all dieser Schritte findet man nach Vertragsunterzeichnung meist ein noch günstigeres Angebot. Angesichts des derzeitigen Niedrigzinsniveaus kein Wunder! Doch aufgrund mangelhafter Widerrufsbelehrungen ist es nun möglich, aus dem teureren Kredit herauszukommen.

„Für Banken und Kreditinstitute besteht eine gesetzliche Informationspflicht gegenüber den Darlehensnehmern.“, erläutert Mingers. „Gemäß § 492 Abs.2 BGB sowie Art. 247 § 6 müssen Verbraucher Informationen zum Widerrufsrecht in Textform erhalten. Ferner ist in Verbraucherdarlehensverträgen verständlich und klar über Widerrufsrechte zu informieren“, so der Rechtsexperte. Weiter betont er: „Wenn Widerrufsbelehrungen fehlen, unvollständig oder mangelhaft sind, setzt die Widerrufsfrist nicht ein – ein Widerruf ist somit noch Jahre nach Vertragsabschluss möglich!“

Durch Widerruf richtig Geld sparen
Der Widerrufsjoker ist für Verbraucher ein wahrer Glücksgriff. Durch ihn haben Darlehensnehmer nicht nur die Möglichkeit einen überteuerten Vertrag zu widerrufen – sie können ferner alle bereits geleisteten Zahlungen und Raten zurückfordern. „Unter Rückgabe ihres Finanzierungsgegenstandes sind Kunden lediglich zur Zahlung angefallener Zinsen an die Banken und Kreditinstitute verpflichtet.“, so der Rechtsanwalt. Folglich ist für Darlehensnehmer die Erstattung mehrerer tausend Euro möglich. „Manche Banken und Finanzdienstleister verzichten beim Widerruf von Darlehen sogar auf die Erstattung von Zinsen. Ob die eigene Bank diesen Verzicht erklärt, können Verbraucher unter dem Punkt Widerrufsfolgen in ihrem Darlehensvertrag nachlesen.“

Betroffene Verträge
„Grundsätzlich sind alle diejenigen Verträge zur Finanzierung von fehlerhaften Widerrufsbelehrungen betroffen, die ab dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden. Hier wurden Mustertexte vom Gesetzgeber bereits fehlerhaft in die eigenen Verträge eingearbeitet.“, merkt Mingers an. Darüber hinaus sollten Darlehensverträge mit Vertragsabschluss ab dem 13. Juni 2014 auf Mängel in den Widerrufsbelehrungen geprüft werden. Auch hier haben Verbraucher sehr gute Chancen auf den Einsatz des Widerrufsjokers. „Aufgrund einer Gesetzesänderung der EU-Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU), die am 13. Juni 2014 in Kraft trat, und der damit verbundenen sogenannten Vollharmonisierung kam es zu einer erneuten fehlerhaften Einführung von Widerrufstexten. Ab dem 21. März 2016 greift der Widerrufsjoker sogar bei Null-Prozent-Finanzierungen.“, so der Rechtsexperte abschließend. Bildquelle: Meditations/pixabay.com